Habitatoptimierung
Stoffhaushalt
Der Stoffhaushalt vor allem kleinerer Fließgewässer, zu denen die meisten Flussperlmuschelgewässer zählen, wird maßgeblich durch das Einzugsgebiet bestimmt. Die Einzugsgebiete der Flussperlmuschelgewässer sind ländlich geprägt, sodass der Flächenbewirtschaftung besondere Bedeutung zukommt. Bei landwirtschaftlichen Nutzflächen kann bei Starkregenereignissen besonders aus Ackerflächen eine erhöhte Abschwemmung von Feinsediment in die Perlmuschelgewässer stattfinden. In Studien der TU München mit Einsatz von „Sedimentfallen“ konnte dieser Feinsediment-Eintrag auf bis zu 3 kg /m2 Gewässerfläche und Woche quantifiziert werden. Dieses feine Sediment lagert sich gerade bei niedriger Fließgeschwindigkeit auf dem Bachboden ab und dringt in die freien Hohlräume der für die jungen Muscheln so wichtigen, grobkörnigen Bachsohle ein. Da der Lebenszyklus der Flussperlmuschel nach dem Abfallen von den Kiemen der Bachforelle eine sechsjährige Wachstumsphase in 5-10 cm Tiefe der Bachsohle beinhaltet und die jungen Muscheln in dieser Phase auf Nährstoffe und Sauerstoff angewiesen sind, die nur durch ein offenporiges Bachsediment gespült werden können, wirkt eine Ablagerung von feinen Sedimenten auf dem Bachboden wie ein Abdichtung und führt so nach kurzer Zeit zum Absterben der jungen Muscheln. Auch Wiesen und Forstflächen können zu einer Belastung der Gewässer mit Nährstoffen und Sedimenten beitragen. Mögliche Auslöser können die Bodenverdichtung durch schwere Maschinen, unsachgemäßer Wegebau oder Anlage von Rückgassen oder auch intensive Düngung sein.
Daher gilt im Projekt ein Hauptaugenmerk der Reduzierung und Verhinderung des Eintrages von Feinsediment. Dies kann durch verschieden Maßnahmen, die parallel zum Einsatz kommen, erreicht werden. An erster Stelle steht die Beratung der Landbewirtschaftenden betroffener Flächen hin zu bodenschonender und nicht wendender, also ohne den Boden umzupflügen, Bodenbearbeitung, der außer Deaktivierung von Drainagesystemen, dem Anbau von Zwischenfrüchten zur Vermeidung von Bodenabtrag und der langfristigen Umwandlung von Acker in Grünland in ufernahen Gebieten. Daneben sollen vermehrt Schlammfangbecken und Absetzmulden in der Landschaft etabliert werden, um die Fracht an Feinsedimenten in die Perlmuschelbäche zu verringern. Ein Nachteil letzterer Maßnahmen ist, dass diese Becken regelmäßig ausgebaggert werden müssen, teilweise sogar mehrmals im Jahr. Bei der Maßnahmenumsetzung werden stets Synergien mit anderen Förderprogrammen wie z.B. dem Kulturlandschaftsprogramm (KULAP), Vertragsnaturschutzprogramm (VNP), der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) genutzt und deren Anwendung unterstützt. Im Projekt MARA selbst werden Maßnahmen umgesetzt, die über bestehende Förderprogramme hinausgehen. Es wird im vorliegenden Projekt durch die Arbeit innerhalb des Netzwerks aller am Flussperlmuschelschutz beteiligten Akteurinnen und Akteure versucht, möglichst viele Maßnahmen so in bestehende Programme zu integrieren, dass sie nach Projektende in jenem Rahmen weitergeführt werden können.
Im Siedlungsbereich kommt es durch die Entwässerung versiegelter Flächen in die Vorfluter und die Einleitung von Abwässern z.B. aus Kläranlagen und Betrieben ebenfalls zu einem Eintrag von Schad- und Nährstoffen in die Gewässer. In den meisten Fällen findet kein unmittelbarer Eintrag in die Flussperlmuschelgewässer statt, sondern besteht eine Verbindung über künstlich geschaffene Graben- und Dränagesysteme. Diese sorgen unabhängig von einer möglichen Belastung des Wassers für eine deutliche Veränderung des Wasserhaushalts der Landschaft, indem der Abfluss beschleunigt wird. Dies wiederum verändert auch das Abflussgeschehen in den Fließgewässern, weshalb ein zentrales Anliegen von MARA die Verbesserung des Wasserrückhalts in den Einzugsgebieten ist.
Die beschriebenen Prozesse verändern außerdem die Ernährungssituation, gerade der jungen Flussperlmuscheln, sowohl hinsichtlich der Nahrungsqualität als auch ihrer Verfügbarkeit beträchtlich. Neben der allgemeinen Veränderung der Stoffflüsse spielt der Wegfall von Feuchtgebieten eine besondere Rolle, denn in diesen entsteht ein wesentlicher Teil des „Detritus“, einer Mischung aus organischem Material und Mikroorganismen, der eine wesentliche Nahrungsgrundlage für die Flussperlmuschel darstellt. Die Anlage von speziellen Aufzuchtgräben zur Verbesserung der Nahrungssituation und die Wiederherstellung naturnaher Feuchtgebiete sollen dieser Entwicklung entgegenwirken.