Muschelzucht
Zuchtstationen
Nachzucht NRW
Flussmuscheln kommen in NRW nur noch im Perlenbach vor. Dieser verläuft auf einer Strecke von 5 km durch das Naturschutzgebiet Perlenbach-Furthsbachtal. Die Nachzucht der letzten nordrheinwestfälischen Flussperlmuschelpopulation begann zunächst 2006. Schon zwei Jahre später musste sie unterbrochen werden, weil der freie Bestand im Perlenbach aufgrund der Überalterung erloschen war. Erfreulicherweise sind die gehaltenen Jungmuscheln inzwischen geschlechtsreif und sind seit 2020 einige der erfolgreich nachgezüchteten Tiere trächtig, sodass die Nachzucht fortgesetzt werden konnte.
Die Zucht ist auf verschiedene Standorte verteilt:
Die Hälterung der beimpften Forellen (cirka 3000 Forellen pro Jahr) findet in drei verschiedenen Einrichtungen statt: einer regionalen Fischzucht, der Kalborner Mühle in Luxemburg und einer Außenstelle des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) in Albaum, im Landkreis Olpe …. In Luxemburg und in Albaum werden die Jungmuscheln gewonnen.
Die anschließende Laborphase verteilt sich auf die luxemburgischen Kollegen und die Biologische Station in Stolberg in der StädteRegion Aachen. Ein Teil der Jungmuscheln verbleibt nach der Laborphase in Aquarien und Fließrinnen in Luxemburg. Die restlichen Jungmuscheln werden Ende Juli/Anfang August in Lochplatten im Perlenbach bzw. einer bachnahen Fließrinne gehalten. Später erfolgt nach Erreichen einer Größe von >5mm das Umsetzen in Kiesboxen.
Ein Besuch des Muschellabors in der Biologischen Station StädteRegion Aachen und der Zuchtstation in der Kalborner Mühle in Luxemburg ist nach vorheriger Terminabsprache möglich.
Über den Zuchtzyklus hat die Biologische Station in einem Vorgängerprojekt einen kurzen Film erstellt:
Muschelzuchtstation Reutherfurth im Landkreis Passau
Erstmalig wurde eine Teichanlage in Reutherfurth im Jahr 2011 zur Muschelnachzucht genutzt, damals noch als Untermieter in der laufenden Forellenzucht. Seit 2013 steht die Anlage exklusiv für die Flussperlmuschelzucht zur Verfügung.
Im Herbst 2015 wurden im Rahmen des Vorgängerprojekts „Arkonavera“ und gefördert durch das Bundesumweltministerium umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt, um die Anlage für die Muschelzucht zu optimieren. Seit dem Frühjahr 2016 ist die Neugestaltung abgeschlossen.
Es handelt sich um eine Freiluftanlage bestehend aus Rundstrombecken und Teichen, die eine getrennte Behandlung von bis zu neun verschiedenen Wirtsfisch-Linien beimpft mit Glochidien aus unterschiedlichen Muschelpopulationen ermöglicht.
Aktuell werden in Reutherfurth sechs Flussperlmuschelpopulationen nachgezüchtet.
Der Betrieb orientiert sich am natürlichen Fortpflanzungszyklus der Flussperlmuschel. Im Spätsommer werden die Bachforellen in den Rundstrombecken mit Glochidien beimpft. Danach erfolgt die Versetzung in die Teiche, in denen sie bis zur Jungmuschelernte im Mai/Juni des darauffolgenden Jahres verbleiben. Die Jungmuschelernte erfolgt wieder in den Rundstrombecken. Die geernteten Jungmuscheln werden in Aufzuchtbehälter überführt und in ihren Herkunftsgewässern großgezogen.
Informationsmöglichkeiten:
In den Sommermonaten gibt es regelmäßig Führungen in der Zuchtstation. Weitere Informationen rund um das Thema Flussperlmuschel bieten die Ilz-Infostelle in Fürsteneck oder der Themenweg am Wolfertsrieder Bach. Weitere Informationen dazu gibt es hier.
Umbau Zuchtstation Südostbayern
Sächsisches Vogtland: Zuchtstation in Bad Brambach / OT Raun
Das Nachzuchtverfahren für Flussperlmuscheln in Sachsen wurde Anfang der 2000er Jahre im Freiland etabliert. Nach den ersten erfolgversprechenden Versuchen erwarb und sanierte die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt (LaNU) ein kleines Bauernhaus im Raunerbachtal mit Mitteln des Naturschutzfonds der LaNU. Es bietet aufgrund der direkten Nähe zum Raunerbach eine geeignete Wasserentnahmestelle für die Zucht. Seit 2012 werden die sächsischen Flussperlmuscheln dort von Mitarbeitern des Vogtlandkreises gezüchtet.
Die mit den Glochidien der Flussperlmuscheln beimpften Bachforellen verbringen ein gutes halbes Jahr in einer Fischzuchtanlage der Region. Danach werden sie in zwei Durchgängen zwischen März und Mai in verschiedene Behälter der sächsischen Zuchtanlage in Bad Brambach / OT Raun überführt. Im Durchschnitt sind es je nach Alter und Größe der Tiere insgesamt etwa 150 - 200 Fische, von denen nach vollendeter Metamorphose die Jungmuscheln abfallen. Sie werden unter dem Binokular heraussortiert und einige Wochen in Dosen unter optimalen Temperatur- und Futterbedingungen in der Muschelzuchtstation aufgezogen. Im Sommer werden sie in Lochplatten gesetzt und in die Aufzuchtgewässer überführt.
Ein zweiminütiger Filmclip fasst die wichtigsten Informationen über die Zucht der Flussperlmuschel im sächsischen Vogtland zusammen.
Die Zuchtstation bietet im Außenbereich ganzjährig Informationen rund um die Zucht und den Schutz der Flussperlmuschel. Ein uriger Unterstand bietet auch kleinen Gruppen Platz zum Verweilen. Von hier aus kann man den "Erlebnispfad Flussperlmuschel“ erkunden und tiefer in die Welt der Flussperlmuschel eintauchen. Das Perlmuttermuseum in Adorf vermittelt dem Besucher zahlreiche historische Hintergründe zum Thema Flussperlmuschel.
Nordostbayern: Muschelaufzuchtstation Huschermühle
Im Jahre 2018 wurde die Huschermühle, eine alte Getreidemühle aus dem 17. Jahrhundert im Landkreis Hof, im Rahmen eines EU-Projektes in Zusammenarbeit mit der Agentur für Naturschutz und Landschaftspflege vom Bund Naturschutz in Bayern e.V. gekauft und zur Flussperlmuschelaufzuchtstation und „Bildungszentrum Lebensraum Wasser“ umgebaut. Dabei handelt es sich um eine Anlage mit elf Hälterungsbecken für die Wirtsfische der Flussperlmuschel, die Bachforellen.
Durch die große Anzahl der Becken ist es möglich, zehn verschiedene Flussperlmuschelpopulationen gleichzeitig in der Aufzuchtstation zu halten und Jungmuscheln getrennt nach ihrer genetischen Herkunft zu gewinnen.
Aktuell werden in der Huschermühle Jungmuscheln von sieben Flussperlmuschelpopulationen gewonnen.
Jedes Jahr werden ca. 600-700 Bachforellen mit Glochidien (Muschellarven), die aus den verschiedenen Bachsystemen in der Region gewonnen wurden, in der Aufzuchtstation beimpft. Die so „infizierten“ Fische kommen in die Hälterungsbecken, wo die Muschellarven in den Kiemen der Bachforellen zu Jungmuscheln heranwachsen. Ab Anfang November kommen alle sechs Wochen ca. 50 Fische in die Räume der Huschermühle, wo das Wasser erwärmt und auf ca. 18 Grad gebracht wird. Dies simuliert Bedingungen in den Bächen wie im ausgehenden Frühjahr und veranlasst die ca. 0,3 mm großen Jungmuscheln, sich aus den Kiemen der Wirtsfische fallen zu lassen und auf den Boden der Aufzuchtbecken zu sinken. Dort werden sie über feinmaschige Siebe aus dem Wasser gefiltert und die nächsten Monate in der Station mit Detritus, organischem Feinmaterial aus Feuchtwiesen und Gewässern, aufgezogen. Ende April/Anfang Mai kommen die Jungmuscheln in Lochplatten bzw. Sedimentkäfigen in ihre natürlichen Gewässer zurück, wo sie die nächsten Jahre betreut werden. Mit einer Größe von ca. 2,5 cm werden sie dann im Alter von ca. 4-5 Jahren in die Freiheit entlassen, wo sie sich dann zu gut zwei Drittel in den Bachgrund eingraben und dort die kommenden 70-80 Jahre verbringen.
Informationsmöglichkeiten:
In der Aufzuchtstation Huschermühle gibt es regelmäßig Führungen durch die Zuchtstation. Zwischen März und Oktober finden zudem zahlreiche geführte Exkursionen und Wanderungen in den Lebensraum Perlmuschelgewässer statt.