Vorhaben
Zielarten
Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera)
Die Flussperlmuschel ist spezialisiert auf naturnahe, saubere Fließgewässer mit geringem Kalkgehalt in silikatischen Einzugsgebieten. Um ihre hohen Ansprüche zu erfüllen, müssen mehrere Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein. Sie benötigt eine sehr hohe Wasserqualität mit geringem Nährstoffgehalt, die im Idealfall sogar die Richtwerte der Trinkwasserverordnung erfüllen sollte. Eine weitere Grundvoraussetzung ist eine hohe Strukturvielfalt der Gewässer. In diesem Zusammenhang spielt insbesondere die Substratstruktur eine wichtige Rolle, die ein breites Spektrum unterschiedlicher Korngrößen mit einem hohen Anteil kiesiger Fraktionen bieten sollte. Nur dann stellen sich die nötigen Bedingungen ein: einerseits eine hohe Stabilität, die wichtig für eine langfristige Ansiedlung der Muscheln ist, andererseits eine gute Durchströmung des Kieslückensystems, damit die Jungmuscheln erfolgreich heranwachsen können.
Ihr hoher Spezialisierungsgrad schlägt sich auch im Lebenszyklus der Flussperlmuschel nieder, der mehrere Stadien umfasst. Das Leben einer Flussperlmuschel beginnt als sogenanntes Glochidium, ein winziges Larvenstadium. Trächtige Weibchen können mehrere Millionen Glochidien produzieren und ins Gewässer abgeben. Jedoch überlebt nur ein Bruchteil, da sie zur Weiterentwicklung auf einen geeigneten Wirtsfisch angewiesen sind. Hierfür kommen je nach Gewässersystem nur zwei Fischarten in Frage: die Bachforelle (Salmo trutta) oder der atlantische Lachs (Salmo salar). Deren Vorkommen sind somit ebenfalls eine Grundvoraussetzung für das Vorkommen der Flussperlmuschel. Nach einer mehrmonatigen Entwicklungsphase lösen sich dann die Jungmuscheln von ihrem Wirt und verbringen mehrere Jahre im Kieslückensystem. Zu Beginn ernähren sie sich als Aufwuchsfresser und weiden mit ihrem bewimperten Fuß Oberflächen ab. In mehreren Schritten baut sich dann der Ernährungsapparat um, und die Muscheln stellen sich auf eine filtrierende Ernährung um. Erst danach kehren sie an die Substratoberfläche zurück und nehmen die filtrierende Lebensweise der erwachsenen Muscheln an. Nach 15-20 Jahren werden sie geschlechtsreif und beginnen selber mit der Glochidienproduktion. Bei geeigneten Bedingungen ist die Flussperlmuschel sehr langlebig und kann in Mitteleuropa bis zu 100 Jahre alt werden.
Neben ihren ökologischen Besonderheiten ist die Flussperlmuschel außerdem ein kulturhistorisches Kleinod. Ihre Fähigkeit zur Perlbildung, von der sie auch ihren Namen hat, führte ab dem Mittelalter in einzelnen Regionen zu einer florierenden Perlenfischerei und Perlmutterindustrie. Die Perlen wurden auch zur Verzierung kirchlicher wie weltlicher Machtinsignien und Prunkgewänder verwendet. Die massiven Bestandsrückgänge und die zunehmende Verfügbarkeit von Zuchtperlen bedeuteten im 20. Jahrhundert das Ende für die regionale Perlmutterindustrie, was der Flussperlmuschel zugutekam.
Bachforelle (Salmo trutta)
Die Bachforelle ist an sauerstoffreiche, sommerkühle Fließgewässer angepasst, worin ihre Ansprüche denjenigen der Flussperlmuschel ähneln. Die standorttreue, revierbildende Bachforelle zieht sich gern in den Deckungsbereich verschiedener Unterstände wie z.B. überhängender Ufervegetation oder zwischen größeren Steinen und Totholz zurück. Für eine erfolgreiche Vermehrung der Flussperlmuschel ist eine enge Verzahnung solcher Strukturen mit für Muscheln geeigneten Substratbereichen von hoher Bedeutung. Im Herbst schlägt die Bachforelle Laichgruben in sauberen Kiesbänken, in denen sie ihre Eier ablegt. Die Jungfische schlüpfen dann bei steigenden Wassertemperaturen im zeitigen Frühjahr. Auch sie ist somit in ihren frühen Lebensstadien auf ein intaktes Substrat angewiesen. Begünstigt durch ihre Standorttreue entwickelten sich bei der Bachforelle zahlreiche Lokalformen, die unterschiedlich gefärbt sein können sowie unterschiedlich groß werden. Auch die Eignung als Wirt für die Flussperlmuschelglochidien variiert zwischen den einzelnen genetischen Linien. Deshalb werden im Projekt MARA die Ansprüche der Bachforellen bei der Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen stets mitberücksichtigt und ein Erhalt lokaler Bachforellenstämme und deren Einsatz im Nachzuchtprogramm angestrebt.
Wesentliche Begleitarten im Projekt MARA
Nase (Chondrostoma nasus)
Die Nase ist eine gesellig lebende Fischart, die früher in der Äschen- und Barbenregion teilweise massenhaft auftrat und als „Brotfisch“ der Flussfischerei galt, da sie einen wesentlichen Anteil der Fänge ausmachte. Es handelt sich um eine Wanderfischart, die jahreszeitlich und altersbedingt unterschiedliche Habitate nutzt. Die Durchgängigkeit der Gewässer ist somit von sehr großer Bedeutung für die Nase. Als Laichplatz nutzt sie im Frühjahr schnell und häufig flach überströmte Kiesbänke. Die Jungfische benötigen in der Anfangszeit strömungsberuhigte Flachwasserzonen. Mit zunehmendem Alter suchen sie als Ruhezone speziell im Winter und bei Hochwasser tiefe Gumpen auf. Mit ihrem stark unterständigen Maul weiden sie Aufwuchs von Hartsubstraten ab. Mit der Zerstückelung ihres Lebensraums und dem Fehlen mancher Teillebensräume gingen ihre Bestände vielerorts massiv zurück.
Huchen (Hucho hucho)
Der Huchen ist ein Donau-Endemit, kommt also nur in der Donau und geeigneten Nebengewässern vor. Dort besiedelt er wie die Nase hauptsächlich die Äschen- und Barbenregion. Seine stattliche Größe von bis zu 1,5 m und seine Verbreitung haben ihm den Beinamen „Donaulachs“ eingebracht. Er ist ein ausgesprochener Raubfisch, der sich hauptsächlich von anderen Fischen ernährt. Auch der Huchen unternimmt kurze Laichwanderungen, um im Frühjahr auf Kiesbänken abzulaichen. Auch er benötigt zunächst Flachwasserzonen und wandert mit zunehmender Größe in tiefere Gewässerbereiche. Die Ursachen für seinen Rückgang sind somit vergleichbar derjenigen der zuvor beschriebenen Arten. Zusätzlich wird sein Rückgang möglicherweise noch durch den Rückgang der Futterfischbestände wie der Nase oder Barbe verstärkt.